Hier ein grober Überblick über die Änderungen in der kommenden Saison
Handball-Weltverband gibt neue Regeln vor
Quelle: DHB Presse- 11/2015
Blaue Karte,
Pause für Verletzte,
passives Spiel:
Der Handball-Weltverband IHF hatte schon bei den Weltmeisterschaften der Frauen im Dezember 2015 in Dänemark fünf neue Regeln eingeführt. In Deutschland sollen sie zur kommenden Saison 2016/17 greifen.
Als 2001 die „schnelle Mitte" eingeführt worden ist, hat das Handballspiel eine
völlig neue Dynamik und vor allem Attraktivität erhalten. Die Regeländerungen,
die jetzt anstehen, sind in ihrem Ausmaß nicht zu vergleichen, für
Gesprächsstoff werden aber auch sie noch sorgen. Getestet wurden sie im Übrigen
schon mal bei der Junioren-Weltmeisterschaft in Brasilien. „Wir haben viel
positives Feedback bekommen. Ich habe den Eindruck, dass wir auf dem richtigen
Weg sind", erklärt der Offenburger Manfred Prause, der Vorsitzender der Regel-
und Schiedsrichterkommission der IHF ist, in einem Interview mit
handball-world.com.
„Grundsätzlich finde ich die Neuerungen gut", sagte Hansi Ganter, der
Vizepräsident Spieltechnik des Südbadischen Handball-Verbandes (SHV), auf
Anfrage des Offenburger Tageblattes. Vor allem, dass künftig grobe Fouls oder
Regelwidrigkeiten in den letzten 30 Sekunden grundsätzlich mit einer Roten
Karte und einem Strafwurf für die angreifende Mannschaft geahndet werden,
entspricht der Vorstellung von Ganter. „Jetzt wird sich jeder Spieler
überlegen, ob er noch mal eingreift."
Diese Neuerung gilt im Übrigen bereits seit dieser Saison in der Bundesliga.
„Damit wollen wir bewusst unsportliches Verhalten am Ende des Spieles
vermeiden", präzisiert Prause den Hintergrund: „Bisher erhielt ein Spieler bei
solchen Unsportlichkeiten in letzter Minute eine Rote Karte mit Bericht und
damit eine Sperre, aber die gegnerische Mannschaft hatte nichts davon."
Allerdings sind von der neuen Regel nur Fouls betroffen, die bisher sowieso
schon eine Rote Karte nach sich gezogen haben. „Festmachen ist weiterhin ein
einfacher Freiwurf", betont Prause.
Noch mehr Dynamik ihres Spiels erhoffen sich die Regel-Hüter durch die neue
Zeitspielregel. Nach der Anzeige des „passiven Spiels" durch die Schiedsrichter
darf das angreifende Team nur noch maximal sechs Pässe spielen, bevor der
Angriff abgepfiffen wird. Bislang lag diese Entscheidung im Ermessen der
Schiedsrichter. Bunter wird das Handballspiel künftig durch eine Blaue Karte.
Erhält derzeit ein Spieler eine Rote Karte, ist meist nicht deutlich, ob diese
einen Bericht und damit eine automatische Sperre nach sich zieht. Mit der Blauen
Karte zeigen die Schiris dem Kampfgericht nun an, dass sie einen Bericht
schreiben werden.
Bewusstes Zeitschinden oder Spielunterbrechung versucht die Regelkommission zu
verhindern, in dem künftig die Behandlung von Spielern auf dem Feld geregelt
ist. Wird ein Mannschaftsoffizieller zur Behandlung eines Spielers aufs Feld
geschickt, muss der Spieler die Fläche verlassen und drei Angriffe pausen. Die
Überwachung der drei Angriffe erfolgt durch das Kampfgericht. Möglicherweise
wird es dafür am Tisch eine Weiße Karte geben. „Diese Regelung kann zu
Problemen führen", macht sich Ganter nichts vor, „bei uns sitzt da auch mal ein
Vater am Tisch. Das ist nicht so wie bei den Profis." Auch Prause gibt zu
bedenken: „Es ist vielleicht noch nicht der Weisheit letzter Schluss."
Deshalb warnt auch Hansi Ganter: „Wir müssen aufpassen, dass Otto
Normalverbraucher die neuen Regeln noch kapiert. Es wird uns eh schon
vorgeworfen, dass wir Handballer mit die kompliziertesten Regeln haben."
Die neuen Handball-Regeln
Siebter Feldspieler statt Torwart:
Künftig muss ein siebter Feldspieler nicht mehr mit einem andersfarbigen Trikot
oder Leibchen als Torwart gekennzeichnet sein. Dann darf er aber auch nicht
mehr die »Aufgaben« des Torwarts erfüllen und zum Beispiel den Sechs-Meter-Raum
betreten – sonst gibt es einen Strafwurf. Es ist allerdings weiterhin erlaubt,
einen siebten Feldspieler als »Ersatz-Torwart« zu kennzeichnen, der dann auch
in der Abwehr den Torraum betreten darf.
Verletzte Spieler:
„Als Konsequenz aus vergangenen Turnieren, wo scheinbar
verletzte Spieler versuchten, den Spielfluss des Gegners dadurch zu
unterbinden, dass sie eine medizinische Behandlung forderten", so die IHF, hat
die Regelkommission folgende Änderung beschlossen: Die Zahl der Behandlungen
auf dem Feld soll reduziert werden, nur in berechtigten Fällen sollen die
Schiedsrichter Offizielle der Mannschaften aufs Feld lassen. Wird er auf dem
Feld behandelt, muss der verletzte Spieler allerdings drei Angriffe seiner
Mannschaft auf der Bank pausieren, ehe er wieder aufs Feld darf. Seine
Mannschaft muss den freien Platz mit einem anderen Spieler auffüllen. Diese
drei Angriffe werden von den Spieloffiziellen überwacht. Betritt der Spieler
das Feld früher, erhält er eine Zwei-Minuten-Strafe wegen falschen Wechsels.
Von dieser Regel ausgenommen sind zwei Fälle. Erstens Behandlungen von
Torhütern nach Kopftreffern und zweitens, wenn der Gegenspieler nach einem Foul
eine progressive Bestrafung (Gelbe Karte, zwei Minuten, Rote Karte) erhält,
darf der Spieler/Spielerin auf dem Feld bleiben. (mq)
Passives Spiel:
Wenn die Schiedsrichter das Zeichen für Zeitspiel
geben, darf die angreifende Mannschaft noch sechs Pässe spielen, bevor
abgepfiffen wird und der Gegner den Ball erhält. Diese sechs Pässe werden auch
dann nicht unterbrochen, wenn die gegnerische Mannschaft einen Wurf abgeblockt
hat oder die Angreifer einen Freiwurf erhalten.
Regelungen für die letzten 30
Sekunden:
Bereits in der Männer- und Frauen-Bundesliga wird
seit dieser Saison die Neuregelung umgesetzt, die Fouls in den letzten 30
Sekunden betrifft – und nicht, wie 2010 von der IHF beschlossen, in der letzten
Spielminute. Begeht ein Abwehrspieler in diesem Zeitraum eine grobe
Regelwidrigkeit oder blockiert zum Beispiel einen Anwurf oder Freiwurf, erhält
er eine Rote Karte (ohne Zusatzbericht) und – das ist neu – die angreifende
Mannschaft automatisch einen Siebenmeter. Allerdings wird nicht jedes Fouls in
den letzten 30 Sekunden nach dieser Regel geahndet.
Blaue Karte:
Um allen Beteiligten nach einer Roten Karte sofort
klar zu machen, ob ein Zusatzbericht folgen wird, der dann im Falle der IHF
eine Entscheidung der Disziplinarkommission nach sich zieht (automatische
Sperre), werden die Schiedsrichter in solchen Fällen nach der Roten auch eine
Blaue Karte zeigen.
Videobeweis:
Bei der Frauen-Weltmeisterschaft in Dänemark wird – wie schon bei der
Männer-Weltmeisterschaft im Januar in Katar – der Videobeweis eingesetzt. Die
IHF hat den Rahmen für diese technische Unterstützung der Schiedsrichter zudem
erweitert. Künftig kann er bei folgenden Situationen genutzt werden:
– Tor oder kein Tor
– Tor nach Ende der Spielzeit oder nicht
– Unfaire Aktionen im Rücken der Schiedsrichter
– Rote Karte gegen einen falschen Spieler
– »Rudelbildung«
– Bei Fragen, ob Spieler eine Rote oder Blaue Karte erhalten sollen
– Falscher Wechsel.